Ob digital oder analog, kommerziell oder privat, bis ins kleinste Detail gestylt oder unscharf auf der Küchenanrichte – unser Alltag im 21. Jahrhundert ist voll mit Fotos von Essen. Aber wieso fotografieren wir unser Essen überhaupt? Und was unterscheidet einen Schnappschuss von einem Showstopper? Kurz gesagt: Was ist Food Fotografie?
Was versteht man unter Food Fotografie?
Im Grund genommen zählt jedes Foto von einem Lebensmittel, einem Gericht oder einer Situation rund um das Thema Essen zum Bereich der Food Fotografie. Früher gehörte Food Fotografie fast ausschließlich in die Welt der Werbung, der Magazine und Kochbücher. Professionelle Fotografen und Stylisten pimpten Gänsebraten mit Lack und Haarspray, hübschten Latte Macchiattos mit Rasierschaum auf oder bastelten aus Klebstoff und Lebensmittelfarbe niemals schmelzende Eiscremekugeln. Diese Fotos erschienen zu Werbezwecken in den unterschiedlichsten Medien und sollten eines: Verkaufen.
Heute sitzt man im Restaurant oder im Café und an 2 von 3 Tischen wird das Essen noch vor dem ersten Bissen zuerst einmal mit dem Smartphone festgehalten. In weiteren 2 von 3 Fällen landet dieser Schnappschuss dann auf diversen Social Media Kanälen oder zumindest in der Familien-internen WhatsApp Gruppe. Zwar ist die Food Fotografie immer noch in der Werbebranche zuhause, doch ist sie mittlerweile eben auch Teil unseres Alltags geworden. Jeder wird jetzt zum Food Fotografen. Aber warum?
Essen & Emotionen
Jeder Mensch isst. Und das jeden Tag. Egal wer du bist, egal wo du lebst – Essen ist ein zentraler Bestandteil des täglichen Lebens. Für die meisten Menschen ist es dabei nicht einfach nur eine leidige Notwendigkeit, sondern etwas emotional stark Aufgeladenes. Wir verbinden Essen mit Erinnerungen, Gefühlen, Ritualen und Erfahrungen.
Wenn ich meine Familie oder Freunde zuhause empfange, dann bereite ich ihnen eine von Herzen kommende Leckerei oder zumindest eine Tasse Kaffee zu, um ihnen damit meine Wertschätzung zu zeigen und sie willkommen zu heißen. Wenn ich heute über einen Weihnachtsmarkt gehe und den Duft nach Zimt in der Luft schnuppere, dann fühle ich mich in meine Kindheit zurückversetzt. Ich denke daran, wie meine Oma meinem kleinen Bruder und mir nach einem Rodeltag im Schnee heiß-dampfende Bratäpfel auf ihrem Kohleofen zubereitet hat. Und wenn ich nach einem schlechten Tag abends auf der Couch liege, dann gibt es nichts Schöneres, als eine große Schüssel heißen Schokoladenpudding wie bei Mama, der mir einen Moment des flüchtigen Glücks schenkt.
Und ganz bestimmt hast auch du Lebensmittel, Gerüche und Geschmäcker, die du mit einem Urlaub oder Reisen, anderen Menschen oder bestimmten Ereignissen aus deiner Vergangenheit verbindest. Essen und Emotionen sind also eng miteinander verbunden.
Aber warum fotografiert heute jeder sein Essen?
Essen geht uns nah – sinnbildlich und wortwörtlich. Es trifft uns in unserem tiefsten Inneren. Nicht umsonst gibt es Bezeichnungen wie »Soulfood« oder »Comfort Food«. Es bringt Menschen an einen Tisch zusammen, es tröstet, es ist Teil kultureller Rituale und Traditionen. Aber Essen ist auch Status-Symbol. Zeig mir, was du isst und ich sage dir, wer du bist.
Kein Wunder also, dass wir etwas so Bedeutendes auch fotografisch festhalten wollen, oder? Wir dokumentieren, präsentieren und verführen. Und das mit einem einzigen Klick.
Dazu kommt, dass Fotografie heute so günstig, einfach und zugänglich wie nie zuvor ist. Wo früher ein Fotoabzug noch einige Mark (Ja, Mark) kostete und erst nach mehreren Tagen aus dem Labor abgeholt werden konnte, benötigt es heute lediglich etwas Speicherplatz auf der Memorycard des Smartphones oder der Digitalkamera und einen kurzen Klick auf den Auslöser. Schon ist das Ergebnis da und für jeden sichtbar. Und genau auf diesen Punkt der Sichtbarkeit kommt es in unserer Gesellschaft in diesen Zeiten an. Wir wollen gesehen werden. Und visueller Content ist dabei ganz entscheidend.
Food Fotografie und Soziale Medien
Im Laufe der Digitalisierung und der immer größer werdenden Bedeutung von visuellen Plattformen wie Instagram oder Pinterest stieg der Bedarf nach immer mehr visuellem Content. Nur wer postet, wird gesehen und nur wer gesehen wird baut Reichweite auf. Und Reichweite ist die moderne Form des Statussymbols. Über die Zeit stieg damit aber auch zwangsläufig der Anspruch an die Qualität der veröffentlichten Fotos, um sich von der schieren Masse abzuheben. Und eben diese Qualität unterscheidet wirkliche Food Fotografie von einem schnelles Schnappschuss des Mittagessens.
Schnappschuss Food Fotografie
Was macht gute Food Fotografie aus?
Zwar wird es immer einfacher und günstiger mit neuen Smartphones und Kameras gute Fotos zu machen, aber die Technik alleine macht eben noch keine schönen Foodfotos. Fotografie im Allgemeinen und auch die Food Fotografie im Speziellen benötigt Know-How, Erfahrung und regelmäßiges Üben. Ein Händchen für den richtigen Winkel, ein Gespür für Bildaufbau und einen Blick für Farben und ansprechendes Styling.
Gute Food Fotografie lädt den Betrachter in das Bild ein. Sie erzählt eine Geschichte, weckt Erinnerungen, lässt uns das Wasser im Mund zusammenlaufen und macht Lust auf mehr. Gute Food Fotografie lässt uns die Emotionen fühlen, die wir mit dem Essen verbinden und das alleine durch das zweidimensionale Medium der Fotografie. Dabei kann sie in den unterschiedlichsten Stilen erscheinen und entwickelt sich wie die Mode weiter, etabliert neue Trend, greift alte wieder auf, interpretiert sie neu.
Und deshalb liebe ich die Food Fotografie als meine Spielwiese. Ich erschaffe damit Welten, lade ein an meinen Tisch und motiviere zum Nachbacken, Nachkochen, zum Gäste Empfangen und damit Freude machen. So bringe ich Menschen zusammen und schaffe Emotionen. Und das mit nur einem einzigen Klick.
Lasst uns gerne in den Kommentaren über eure Ansichten und Erfahrungen sprechen.
Eva